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Kosten für Tagesmutter bei Schwangerschaft abzugsfähig?

Die Eheleute Kasper erwarten zum zweiten Mal Nachwuchs. Herr Kasper ist als
Rechtsanwalt selbständig tätig und tagsüber nicht zu Hause. Frau Kasper befand sich zunächst in der Berufsausbildung, die sie allerdings nach der Geburt ihres ersten Kindes im Jahre 2004 unterbrach und die sie auch im Laufe des Streitjahres 2006 nicht wieder aufnahm. Das ältere Kind wurde in der Zeit der Schwangerschaft von einer Tagesmutter betreut.

Können die Kosten für die Tagesmutter steuerlich als Sonderausgaben
(„Kinderbetreuungskosten“) geltend gemacht werden?

Mit dieser Frage musste sich der Bundesfinanzhof in München befassen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 5. Juli 2012 III R 80/09 entschieden, dass die Kosten einer Tagesmutter nicht steuerlich geltend gemacht werden können, wenn ein Elternteil erwerbstätig und der andere Elternteil schwanger ist. Denn eine Schwangerschaft als solche stellt keine Krankheit im Sinne des Gesetzes dar. Im Streitjahr 2006 konnten derartige Kinderbetreuungskosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 8 Einkommensteuergesetz (EStG) nur bei Vorliegen besonderer persönlicher Abzugsvoraussetzungen steuerlich berücksichtigt werden. Lebten beide Elternteile zusammen, dann musste, wenn einer der Elternteile, wie der Kläger, erwerbstätig war, der andere Teil entweder ebenfalls erwerbstätig sein oder sich in Ausbildung befinden. Auch bei einer mindestens drei Monate andauernden Erkrankung oder einer Behinderung dieses Elternteils war der Abzug der Betreuungskosten zulässig. Lagen solche Gründe nicht vor, etwa weil sich ein Elternteil allein der Erziehung der Kinder widmete (sog. Alleinverdiener Ehe), dann waren Betreuungskosten – von einer Ausnahmeregelung in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG abgesehen – nicht abziehbar. Der BFH sah die persönlichen Abzugsvoraussetzungen in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Finanzgerichts nicht als erfüllt an. Seines Erachtens befand sich die Klägerin weder in Ausbildung, da sie diese bereits nach der Geburt des ersten Kindes unterbrochen hatte, noch war sie längerfristig erkrankt. Die Schwangerschaft konnte nicht als Krankheit gewertet werden, weil es sich hierbei nicht um einen regelwidrigen körperlichen Zustand handelt. Krank ist eine Frau nicht, wenn sie schwanger wird, sondern nur dann, wenn sie nicht schwanger werden kann (Empfängnisunfähigkeit). Treten während der Schwangerschaft gesundheitliche Komplikationen auf, dann ist der Krankheitsbegriff jedoch regelmäßig erfüllt. Davon konnte im Streitfall nach den Feststellungen des FG indes nicht ausgegangen werden. Da die Klägerin somit weder aus gesundheitlichen noch aus sonstigen (Erwerbstätigkeit u. ä.) Gründen an der persönlichen Betreuung ihres ältesten Kindes gehindert war, konnten die Kosten der Tagesmutter nach der gesetzlichen Konzeption nicht abgezogen werden.
– Pressemitteilung des BFH vom 26. September 2012, Nr. 68 –

Hinweis der Kanzlei Kastl (M.A.) & Kollegen:

Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurden die Rechtlage und Anspruchsvoraussetzungen beim Abzug von Kinderbetreuungskosten als Sonderausgabe geändert.

Ab dem Jahr 2012 gilt folgendes:
§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG :„Es sind zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 Euro je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Absatz 1, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Dies gilt nicht für Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen“. Danach bleibt als Voraussetzung nur, dass das betreute Kind das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben darf. Ist in unserem o.g. Sachverhalt das erstgeborene Kind z. B. 8 Jahre alt, dann sind die Kosten für die Tagesmutter ab dem Jahr 2012 als Sonderausgabe abzugsfähig. Die positive rechtliche und steuerliche Änderung ist damit zu begrüßen.

Steuerberater Patrick Lerbs
www.kastl-kollegen.de